Der japanische Künstler Keita Sagaki schafft dichte Mikrokosmen aus winzigen Doodles, sogenannten „Kritzeleien“, deren Summe ein größeres Ganzes ergeben. Oft ist es eine Neuinterpretation weltbekannter Kunstwerke, wie zum Beispiel Leonardo Da Vincis „letztes Abendmahl“ oder Holzschnitten von Hokusai. Der 1984 geborene Keita Sagaki, konstruiert neue, komplexe Welten aus hunderten kleiner Zeichnungen. Seine Arbeiten veranschaulichen den aristotelischen Begriff der irreduziblen Natur der Dinge, wo das Ganze aus von vielen Elementen besteht, aber es selbst meist größer ist als die Summe seiner Teile.

Wenn man einem der außergewöhnlichen Kunstwerke Sagakis zum ersten Mal begegnet, verspürt man das Bedürfnis, diesem so nah wie möglich zu kommen. Auf den ersten Blick scheinen sie wenig mehr als monochrome Darstellungen beliebter Szenerien oder Gemälde, wie des Pariser Eiffelturms oder dem schon erwähnten Abendmahl von Da Vinci. In seinen Bildern geht es aber ungewöhnlich zu. Es fällt auf, dass seine Arbeiten eine unerwartete Detaildichte haben, sozusagen ein mikroskopisches Leben in Gesichtszügen dargestellter Figuren oder in den Details von Landschaftsbildern. Ein zentraler Begriff im Werk von Keita Sagaki ist die Komposition. Er beginnt ein neues Kunstwerk, in dem er direkt auf den Untergrund, ohne die Hilfe von Skizzen, zeichnet. Ein spontaner Fluss von Kreativität komponiert das Gesamtbild. Mit dünnen Linien und zarten Schattierungen legt der Künstler seine charakteristischen, dicht besiedelten Landschaften und Szenerien an und erfüllt somit eine Welt mit hunderten, oft tausenden von kleinen, miteinander verwobenen Menschen- und Tierfiguren mit Leben. Oft wurde der Künstler schon gefragt, ob er denn die Anzahl der Figuren kenne, die er bis zur Vollendung einer Arbeit gezeichnet habe. Keita Sagaki verneint dies stets. Wie sollte er es auch zählen können, gerade bei seinen größeren Arbeiten, die schon mal zwei auf vier Meter groß werden können.
Hauptsächlich sind Sagakis Arbeiten durch komplexe buddhistische Mandalas, Comics und Graffitikunst beeinflusst. Es überrascht nicht zu hören, dass die Schulbücher und -hefte aus seiner Schulzeit mit zahllosen Kritzeleien bedeckt waren. Jedoch gibt es eine weitere, tiefere Dimension der Kunst des Keita Sagaki. Seine Ästhetik berührt die Mereologie, einem Teilgebiet der theoretischen Philosophie, die sich der Beziehung zwischen dem Teil und dem Ganzen beschäftigt, als eine strukturelle Grundlage der physischen Welt. Ein Grundgedanke dieses wissenschaftlichen Strebens war es, herauszufinden, ob die Dinge durch ihre mikroskopischen Eigenschaften erklärt werden könnten. Keita Sagaki greift dies in seiner Kunst auf und erinnert uns somit daran, dass jedes Objekt aus seinen Einzelteilen zusammensetzt.

Text von Krystian Bandzimiera

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